Die Leiden des jungen Arztes

Der Übergang vom Studium in die Arbeit als Arzt ist herausfordernd

Von Andrej Weissenberger

„Nach dem letzten Tag des Praktischen Jahres (PJ) ging es plötzlich sehr schnell: Der kurzen Vorbereitungszeit für die letzte Staatsexamensprüfung des Studiums folgte das M3 und einige Wochen später hielt ich meine Approbationsurkunde in den Händen. Was für ein Glücksmoment.

Und plötzlich schwamm ich im kalten Wasser: Welche Versicherungen benötige ich? Wer berät mich seriös und vertrauenswürdig zum Thema Altersvorsorge? Wie beantrage ich den Arztausweis? Brauche ich den elektronischen Arztausweis? Wo suche ich nach geeigneten Stellen für den Berufsstart? Welche Rechte und Pflichten habe ich als Berufsanfänger? Fragen über Fragen! 

Kein Wunder, dass der Übergang vom Studium in die praktische Arbeit als Arzt manchmal überfordernd ist. Aus meiner Zeit als Stellvertretender Vorsitzender des Sprecherrats der Medizinstudierenden im Marburger Bund war mir noch in Erinnerung geblieben, dass seitens des Verbandes zahlreiche Seminare und Vorbereitungskurse angeboten werden. Für die ein oder andere Frage haben die digitalen Angebote geholfen, für andere Fragen wiederum konnte ich auf die erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückgreifen.

Als junger Arzt im ersten Weiterbildungsjahr im Bereich Kinder- und Jugendmedizin erlebe ich nun täglich neue Herausforderungen und lerne, mich in der klinischen Umgebung zurechtzufinden. Die Verantwortung für die Gesundheit der kleinen Patientinnen und Patienten zu tragen, ist eine Aufgabe, die mich gleichermaßen motiviert und demütig macht.

Selbst wenn uns Ärztinnen und Ärzten während unserer Famulaturen oder im PJ bereits im Voraus darauf hingewiesen haben, ist es dennoch schockierend, wie viel Zeit tatsächlich für administrative Aufgaben, die während des Studiums nicht gelehrt werden, während eines Dienstes beansprucht wird. Dabei sollte in der Zeit der Digitalisierung alles schneller gehen. Für mich ein Zeichen, dass wir dieses Ziel noch lange nicht erreicht haben. 

Die Fülle an administrativen Aufgaben und die umfangreiche Dokumentation sind zeitraubend. Mehr Zeit wünschte ich mir für die eigentliche medizinische Versorgung, die vor allem in der Pädiatrie eine ganz besondere, teils sehr individuelle Herangehensweise braucht. Die Balance zwischen administrativen Pflichten und patientenzentrierter Arbeit stellt für mich persönlich eine fortlaufende Herausforderung dar, der ich mich gerne stellte, aber die mich auch an gewisse Grenzen bringt. Schließlich ist mein Dienst auch irgendwann zu Ende und das Überstundenkonto schon längst voll.

Die aktuelle Personalsituation im Gesundheitswesen lässt mich mit Sorge in die Zukunft blicken. Der Mangel an ausreichendem Personal beeinträchtigt nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch die Arbeitszufriedenheit des gesamten Teams. Das werden all diejenigen bestätigen können, die in Häusern arbeiten, die quasi jeden verdienten Euro zweimal umdrehen. 

Doch wie viel möchte man wirklich sparen und vor allem mit welchen Folgen? Die Arbeitsbelastung für das ärztliche, aber auch das pflegerische Personal sind hoch. Am Ende sind es die Schwachen und Kranken, die darunter leiden. Es muss endlich Schluss sein mit dem Sparkurs!

Trotz der Anerkennung während der Pandemie fehlt es mir weiterhin an spürbaren Veränderungen im Gesundheitswesen. Ich bin daher dankbar für Kolleginnen und Kollegen, die auf diese Herausforderungen aufmerksam machen und sich aktiv für Veränderungen im Marburger Bund einsetzen.

Bereits als Student erfuhr ich Unterstützung von den aktiven Ehrenamtlichen des Marburger Bundes. Als Arzt bin ich nun selbst Mitglied dieser starken Interessensvertretung und gehöre zu denjenigen, die gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen Lösungen entwickeln und die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen verbessern möchten.

Ich möchte mich daher an all diejenigen richten, die anpacken und Veränderungen bewirken möchten. Es gibt viel zu tun und nur gemeinsam sind wir stark! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen euch und eure Ideen, um das Gesundheitswesen zu einem Ort zu machen, das nicht nur Kranke heilt, sondern auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht krankmacht. Dieses Engagement und diese Solidarität brauchen wir nicht nur in Arbeitskämpfen, sondern auch bei der Kammerwahl. Geben Sie den Listen des Marburger Bundes Ihre Stimmen, damit wir in der Ärztekammer Nordrhein unseren erfolgreichen Weg in den nächsten fünf Jahren fortsetzen können.

Zum Autor:

Andrej Weissenberger
Arzt in Weiterbildung zum FA