Gesundheitsmarkt oder Fürsorge?

Patienten brauchen Ärztinnen und Ärzte, keine Ökonomen!

Dr. med. Andreas Weber

Dr. med. Andreas Weber

Dr. med. Bernd Hanswille

Dr. med. Bernd Hanswille

Von Dr. med. Andreas Weber und Dr. med. Bernd Hanswille

Wir haben uns für den Arztberuf entschieden, um dem Wohl des Patienten zu dienen. Wir richten unsere fachlichen Entscheidungen an den Bedürfnissen des Patienten aus. Mit Einführung der Abrechnung nach Fallpauschalen vor 20 Jahren, dem Ausbleiben einer auskömmlichen Investitionskostenfinanzierung der Länder sowie zunehmenden finanziellen Sanktionen (MD-Fall-Prüfungen, G-BA-Richtlinien- und Strukturprüfungen) lastet ein unerträglicher Kostendruck auf allen Ebenen im Krankenhaus. Mit Einführung der Abrechnung nach Fallpauschalen ist ein Anreiz zur Gewinnoptimierung gesetzt worden. Angesichts der Inflation, Energiekostensteigerungen und Tariferhöhungen treten massive Einsparmaßnahmen in den Vordergrund, um das wirtschaftliche Überleben der Krankenhäuser zu sichern.

Ärztliche Entscheidungen dürfen nicht allein den Regeln der Marktwirtschaft unterliegen

Unser Beruf ist eine Profession. Wir wollen und dürfen unsere ärztlichen Entscheidungen nicht Regeln der Marktwirtschaft unterwerfen. Kommerzielle Zielvorgaben stehen nicht an erster Stelle. Die wichtigste Aufgabe eines Krankenhauses ist medizinische und pflegerische Patientenversorgung. Diese Klarheit hat unserer Profession immer die nötige Orientierung gegeben. Sie dient unserem Auftrag zum Schutz unserer Patienten.

Politiker haben erhebliche Fehlentscheidungen getroffen

Was hat aber die Politik in den letzten 20 Jahren mit den Versprechungen gegenüber den Patienten gemacht? Die politisch Verantwortlichen haben vielfach Fehlentscheidungen in unserem Gesundheitssystem getroffen. Vor einer strukturierten Krankenhausplanung haben sich alle gedrückt! Für sie war es bequemer, wenn Kliniken finanziell unter Druck stehen und Insolvenzen die Kliniklandschaft bereinigen. Um Bedarf oder Qualität geht es dabei nur im Nebensatz. Zusätzlich haben die gesundheitspolitischen Entscheider ein Solidarsystem, das der Daseinsvorsorge dient, in ein Gesundheitswesen transformiert, das vorrangig betriebswirtschaftliche Ergebnisse erzielen muss. Von uns Ärztinnen und Ärzten wird letztlich verlangt, diese politischen Vorgaben im Alltag durchzusetzen.

Das Vertrauen zwischen Arzt und Patient wird nachhaltig gestört

Durch die starke Ausrichtung des Gesundheitswesens auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse vergessen die politischen Entscheidungsvertreter unser Versprechen an die Patienten, dass ihre Behandlung durch uns Ärzte und Ärztinnen nur ihrem Wohlergehen dient. Wir erleben, dass unsere Patienten dieses spüren. Zwangsläufig wird daher das Vertrauen zwischen Arzt und Patient nachhaltig belastet. Dieses Vertrauen ist aber die Basis jedes Verhältnisses zwischen Ärzten und Patienten. Es ist die eigentliche Voraussetzung für einen gelingenden Heilungsprozess.

Laut Umfrage der KKH-Krankenkasse fürchtet sich aber bereits jeder vierte Patient vor einer Behandlung im Krankenhaus, aber nicht wegen der Ärztinnen und Ärzte und den Kolleginen und Kollegen der Pflege.

Systemversagen gefährdet die Patientenversorgung

Ökonomische Leitlinien greifen die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen an. Unsere Handlungsmaxime wird fachfremden Interessen unterworfen. Das zerstört unausweichlich das Vertrauensverhältnis zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patienten.

Durch dieses Systemversagen ist die Patientenversorgung gefährdet: Personalflucht und hoher Krankenstand beim medizinischen Personal erzeugen Personalmangel. Fehlende Zeit für die Patienten führt zur medizinischen und pflegerischen Minimal-Patientenversorgung, besonders zur Unterversorgung von medizinisch und pflegerisch aufwendigen Patienten. Aber auch die Überversorgung bei lukrativen Fallpauschalen muss erwähnt werden.

Nicht zuletzt sei an die ausufernde Kontrollbürokratie erinnert, die viele Stunden ärztliche Arbeitszeit pro Tag bindet. Wir müssen uns rückbesinnen auf ein Gesundheitssystem, das als Solidargemeinschaft konzipiert wurde und als Daseinsvorsorge finanziert und organisiert ist. Als Marburger Bund fordern wir, dass das Sozialstaatsprinzip wieder als Grundlage in der Gesellschaft gelten sollte. Politiker müssen akzeptieren, dass wir Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus unserem Berufsethos nur gerecht werden können, wo das Wohl unserer Patienten oberstes Gebot bleibt. Dafür setzen sich die gewählten Delegierten des Marburger Bundes in der Ärztekammer Westfalen-Lippe ein. Gerade dazu benötigen wir Ihre Stimmen bei der Kammerwahl für die Liste „Marburger Bund – Krankenhaus und mehr“.